Melt! 2009 – Das Review

5 Tage Festival, 1000 Kilometer, Camping, Sturm, Gewitter, Regen und Sonne, und jede Menge gute Musik unter atemberaubender Baggerkulisse: Unser 4. Melt-Besuch ist vorbei. Und schon vorweggenommen: es war ziemlich großartig. Ich versuche mal die 5 Tage in Worte zu fassen – auch wenn dies schwierig und lang wird.

Melt! Festival 2009
Quelle: meltfestival.de

Melt! – das ist die wohl einzigartige Verschmelzung zwischen elektronischen Beats und großen Gitarrenriffs. Melt! – das ist auch die tollste Festival-Location in Deutschland (und sicher darüber hinaus…). Melt! – das ist mittlerweile ein internationaler Haufen von Menschen aus diesmal über 30 (!) Ländern. Melt! – das ist ein Festival, was nun sicher in der Liga der ganz Großen angekommen ist.

Musikalisch findet sich hier eine Mischung aus dem heißesten Scheiss, der gerade auf dem Markt ist, und altbewährten Stars. Diese Ausgewogenheit, und Klasse der Qualität, macht das Melt! zumindest in Deutschland einzigartig, und machen es daher auch immer beliebter. Daher hieß es auch erstmals: SOLD OUT! Und dies schon eine Woche vorher.

Donnerstag:

jump around the world..
jump around the world..

Es ist heiß in Ferropolis. Sonnig, an die 30Grad würde ich sagen, und blauer Himmel. Man kommt ordentlich ins Schwitzen unterwegs und beim Camping-Aufbau. Erstmal das Bier ins Trockeneis und einen kühlen Schluck genehmigen. Ein Abstecher in den kühlen See und eine Runde schwimmen. Abends lernen wir schnell eine Gruppe Jungs kennen. Zeit rast vorbei. Jingle Bells und Bruder Jakob werden gesungen. Überall sind Briten unterwegs. Neben uns direkt eine riesige Truppe aus Schottland. Caravanparty ein bisschen noch. Und die erste lange Nacht war schnell vorüber.

Freitag:

Der Tag fängt gut an. Das Wetter ist bombig. Wir nutzen dies, um verkatert das Schlauchboot fertigzumachen, und einige Dosen Bier kalt zu stellen. Danach waren wir einige Stunden auf dem See, bzw. vornehmlich irgendwo im Schilf am rumgammeln und trinken 😉 Einige Zeit später: Der Himmel wird zunehmends schwarz: Alle warten auf das angekündigte Gewitter. Es ist gegen 4 Uhr nachmittags, als es plötzlich ganz windstill ist. Düster. Dann krachts. Mit diesem Donner fängts an zu stürmen als gäbe es kein Morgen mehr und in der nächsten Sekunde regnets wie aus Kübeln. Alle incl. uns sind damit beschäftigt ihre Pavillons festzuhalten; alles mögliche fliegt über die Campingfläche. Untergangsfeeling. Melt!-Untergang. Ich bin völlig durchnässt. 30 Minuten später ist es vorbei. Ein kollektiver erleichterter Jubelschrei läuft wie ein Feuer über den Zeltplatz. Weiter gehts. Oder jetzt erst Recht.

Gegen 20.30 Uhr ziehen wir los Richtung Festivalgelände. Dort spielen gerade die Klaxons auf der Mainstage. Nicht schlecht, die Jungs… aber uns ziehts erstmal los, den neuen Lageplan auszuchecken. Die neue BigWheelstage ist genial geworden. Klar, das Familiäre (man erinnere sich an 2006!) ist völlig dahin, aber wie soll dies auch bei einem solchen Ansturm anders bewältigt werden? Die Gemini Stage ist endlich wieder in ihrem Hexenkessen: wunderbar. Sieht doch gut aus: die erste Nacht kann starten. Wir beginnen so richtig mit Radio Slave, der legt einen klasse Techno-Sound auf, so wie man das von ihm erwarten durfte. Lange können wir nicht verweilen, denn auf der Mainstage sind Röyksopp. Und das sollte sich lohnen: Ein unglaublich beeindruckender Auftritt mit einer guten Mischung aus den alten Songs  (wie zb Eple) und denen aus dem aktuellen Album (wie zb The girl and the robot ). Sehr geile Stimmung und eine Stunde nur abfeiern…Spätestens jetzt bin ich Fan! Direkt im Anschluss gibts wieder mehr Gitarren zu hören: Die Jungs aus Schottland sind da: Travis! Und die legen direkt mal einen super Auftritt hin. Zugebenermaßen war ich vorher etwas skeptisch, aber die Jungs haben mich überzeugt: Sehr sympatische Show mit langem Aufenthalt von Frontmann Fran Healy innerhalb und oberhalb der Crowd. Bei Songs wie „Closer“ oder „Sing“ kam wirklich eine schöne Stimmung auf, und beim abschließenden Unplugged-Song war wirklich Gänsehaut angesagt. Leider hatten sie sich etwas in der Zeit etwas vertan, und konnten/durften am Ende nicht mehr „Why does it always rain on me“ singen.. Es hätte wunderbar gepasst: Es regnete mal wieder. Aber nur ein bisschen.

Danach gabs mal wieder eine dieser typischen Festivalüberschneidungen: Matthew Herbert vs. Gossip vs. Aphex Twin. Wir guckten uns einen Teil Aphex Twin an und schauten dann noch bei Gossip vorbei um dort einmal die unglaubliche Beth Ditto zu erleben. War dann auch echt krass, Ditto hat eine wirklich faszinierende Stimme.  (Erinnerte uns ein wenig an alte NatureOne-Auftritte von Milk&Sugar mit diesen großen, schwarzen Ladies 😉 ). Aphex Twin war sehr geil: wie immer mit phantastischen Visuals bestückt gabs hier Bass zum Besten. Tolle Crowd, Tanzen!

Eigentlich wollten wir nun noch etwas zu Koze gehen, anschließend unbedingt Moderat (Modeselektor und Apparat) schauen und dann  2 Stunden bei Trentemoeller in den Morgen tanzen. Besonders auf letztere beide hatte ich mich sehr gefreut und gehörten zu meinen Top-Acts des Wochenendes. Doch dann kam alles anders: Es regnete. Erstmal ein bisschen; so dass wir erstmal zu Simian Mobile Disco unters Dach gingen und versuchten uns da zu trocken. Als es immer schlimmer wurde, beschlossen wir gegen 3:30 Uhr den Tag abzublasen. Nass, unterkühlt: Auf Richtung Zelt. Immerhin waren wir nicht die Einzigen, Alle waren auf den Beinen: Das Wetter wurde immer schlechter, der Regen immer heftiger, immer kühler: War schön so in T-shirt. Gegen halb 5 waren wir schließlich völlig durchnässt und sehr missmutig am Zelt: Der Campingplatz sah aus wie eine Filmlocation: Im Grunde genommen zum Totlachen, aber in der Situation nicht mal zum grinsen: Kein Pavillon stand mehr, Zelte waren los; ein einziges Chaos. Naja, erstmal drüber schlafen. Immerhin erfuhren wir noch via Melt!-Twitter und Iphone-App, dass  sie wegen dem Wetterchaos das ganze Festival schließen mussten, und Acts wie Moderat und Trentemoeller nicht mehr auftreten werden.

Samstag:

Ich hatte kaum geschlafen: der Regen war zu laut. Ich ging draußen erstmal auf Suche: Campingstühle, Pavillon und co. Frühstück mit Bierdose: „Warum tun wir uns sowas in unserem Alter eigentlich noch an?“ „Wahrscheinlich, weil die Musik so toll ist“. Also weiter gehts: Und Samstag sollte klasse werden, vor allem schon tagsüber. Zwar war nun das Wetter nicht mehr gut genug für Schwimmen und Bootfahren, aber für eisgekühlten Jägermeister Jagdfürst reicht das immer noch. Den gabs dann den ganzen Tag über reichlich, u.a. mit unseren Schotten von nebenan: Riesen-Chaoten, aber supersympatisch. Außerdem waren wir tagsüber mal nochmal auf’m Festivalgelände, tanzten zu Lunacityexpress auf dem Sleepless-Floor, der dieses Jahr 3 Tage am Stück 24h auf war :D, und spielten nachmittags gegen unsere Nachbarn Flunky-Ball. Den Sieg ließen wir uns natürlich nicht nehmen – auch wenns knapp war ,) – Zwischendurch natürlich immer mal wieder belustigen über die Freakshow, die es so wohl nur auf Festivals gibt: Ganzkörperkostüme, Masken, Schminke, ausgefallene Verkleidungen wie an Karneval…unglaublich… und ziemlich lustig 🙂

Durch die Späße am Campingplatz verpasste ich am frühen Abend einen weiteren meiner „must-see“-Acts: The Whitest Boy Alive. Dafür könnte ich mir heute noch in den Arsch beißen, aber gut…vorbei ist vorbei. Bei c/o pop bietet sich quasi eine neue Chance. – Wir waren also diesmal erst recht spät am Gelände – auch geschuldet durch ne Sportcola-Variante mit Wodka. Vorbei an den anderen Bühnen gings direkt zu James Holden, es sollte sowieso ein ziemlich Big-Wheel-lastiger Abend werden. Holden legte wie immer ein sehr gutes Set hin, melodiös, manchmal fast trancig, dann wieder minimal ruhig: ganz Border Community halt. Ich fands gut, generell sind meine Erinnerungen an diesen Teil des Abends aber eher verschwommen ;D — Weiter gings mit Bloc Party, die wirklich auch ne ganz coole Show machten; jedoch konnte ich von den „fast tumultartigen Zuständen“, wie Intro berichtete, nicht wirklich was mitbekommen. Vielleicht war aber auch ich selbst mit gemeint. WTF!

Danach gings zum „Emo-Techno“, wie Ellen Allien so schön den Sound ihres Kollegen Paul Kalkbrenner beschrieb. Der stand ganz im Zeichen seines Ausnahmealbums „Berlin Calling“, und so war auch das Set. Facettenreich, fast melancholös; elektronische Musik zum Arme ausbreiten und genießen. Tolle Stimmung, sicherlich eins der Highlights. Weiter gings mit Kiki, wir schauten auch noch kurz bei den Herren Alex Ridah aka Boys Noize und Erol Alkan rein, und waren anschließend endlich auch mal an der neuen Stage direkt am ebenfalls neuen Beach. Sand, Strandliegen, Musik, Desperados und das Morgengrauen begann. Da ein toller Sonnenaufgang und es wäre perfekt gewesen. So wars gaaanz schön kalt, dennoch gönnten wir uns hier mal eine lange Pause, quatschten und lauschten Jesse Rosse. Wie sieht das Ende beim Melt! Sonntag morgens aus? Natürlich: Die Grand Dame des deutschen Techno Ellen Allien bittet zum Tanze und wir lassen uns da nicht lange bitten… Bis 7 Uhr feiern wir hier, dann ist hier Schluss. Ellen lädt uns alle zum Sleeplessfloor ein, denn da ist sie nochmal von 8-10 dran. Aber Boys Noize und Alkan gaben uns schließlich mit ihrem letzten Track „Kernkraft 400“ dann wirklich den Rest – und die ganze Gemini nochmal zum Kochen. Irgendwann um halb 9 lag ich im Zelt, um 10 Uhr war ich wieder draußen… es ist schon:

Sonntag:

Verkatert, müde, kaputt vom vielen Tanzen: Der Sonntag ist traditionell bei Festivals nach 3 Tagen durchfeiern das Härteste. Im Normalfall fährt man dann nach Hause – nicht hier, im nun 2. Jahr gibts ja auch am Sonntag nochmal volle Kanne Melt!

Es fällt schwer: der morgendliche Wodka will langsam nicht mehr so ganz. Die Bierdose wird auch nur langsam leerer. das Trockeneis ist auch leer nun. Es sollte ein langer, harter Tag werden. Natürlich mit viel Grillen – wie jeden Tag ,)

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😉

Immerhin machten wir uns schon gegen 18:30 Uhr Richtung Gelände auf. Hier gabs heute ja immerhin noch den Headliner des Wochenendes: Oasis.  Vorher raubte ein junger Mann allerdings erstmal Polarkreis 18 ziemlich die Show: Splitternackt hatte er die Lacher auf seiner Seite und belustigte schließlich Tausende, die alle von der Bühne zu ihm kamen 😉 Danach kamen die Jungs von Kasabian auf die Bühne: und wow, die rockten die Stage.  Uns eher unbekannt spielten sie eine Stunde alles in Grund und Boden und hinterließen einen sehr guten Eindruck. Was man schließlich von Oasis nicht berichten kann: Irgendwie war es…langweilig. Nein, nicht mal das, nur im Vergleich zur bombastischen, unvergleichlichen Show zum letztjährigen Headliner Björk, war das einfach gar nix. Klar, Songs wie „wonderwall“, „don’t look back in anger“ oder „champagne supernova“ waren wundervoll. Aber im Gesamten Konzert, besonders im ersten Teil fehlte die Würze. (Vielleicht lags auch an meiner desolaten körperlichen Verfassung…^^).

Trotzdem wars nochmal ein schöner, ruhiger Abschluss nach den wilden vorherigen Tagen.

Mainstage bei Oasis
Mainstage bei Oasis

Allgemein:

Nach dem eher enttäuschenden Jahr 2008 haben das Melt!-Team und die Veranstalter von Intro (fast) alles besser gemacht. Wenn wir im letzten Jahr schon soviel kritisiert haben, dann muss an dieser Stelle auch mal ein dickes Lob folgen: Organisatorisch war das nahezu perfekt. Man ist komplett auf die Kritik des letzten Jahres eingegangen, und hat zB Bühnensituation, Bändchen und Einlass oder Informationsfluss (via Internet, Twitter, Leinwänden, Infowänden etc.) enorm verbessert. Sogar die viel gescholtenen Securitys waren dieses Jahr nett, freundlich UND vor allem kompetent. Das erlebt man selten, Herzlichen Glückwunsch dazu. Besonders die neue, alte Bühnenanordnung ist perfekt, die Mainstage kam wunderbar zur Geltung, die Gemini ist der Paradehexenkessel und die BigWheel ist nun direkt mit Blick auf den See, und dazu auch noch die tolle neue Strandgestaltung: wunderbar. Dazu der Klang… Die Anlage auf dem BigWheel-Floor war das Beste, was ich jemals (!) auf einem Festival gehört habe. Ein unfassbar klarer Klang, Höhen und Tiefen gleichermaßen perfekt. Göttlich, und für diese Stage wie gemacht. Dafür wars auf der Mainstage dann nicht ganz so prima, aber das hat die BigWheel vollkommen wettgemacht!

Musikalisch wars vielleicht DAS Jahr überhaupt. Das Lineup war so gut, dass ich mich fast zu jedem Act entscheiden musste, weil parallel ein weiteres Highlight war. So musste ich zum Beispiel auf  Telekommander, MSTRKRT, Fever Ray, Skream, Kode9, Koze, Digitalism und viele weitere verzichten, weil es einfach nicht alles ging. Schade für mich persönlich – aber letztlich wohl das höchste Lob, was ich als Besucher einem Festival machen kann. Einzig der Sonntag enttäuscht ein wenig, weil im letztem Jahr mit Björk (und Hot Chip) einfach die Messlatte fast unereichbar hoch gelegt wurde. Bin schon jetzt gespannt, wer die Ehre 2010 hat, am Sonntag den Headliner zu geben…

Verbesserungswürdig? Ganz klar die Bussituation, vor allem bei solchem Wetter wie am WE. Und fast noch wichtiger: Auto mit auf den Campingplatz nehmen dürfen, das ist einfach wichtig, besonders in Zeiten von Camping-und Pfanddieben.

Insgesamt war es ein großartiges Wochenende, zwischenzeitlich getrübt durch das unglaublich schlechte Wetter und die Folgen daraus, aber rückblickend jetzt mit Abstand von einem Tag, machte auch das nicht wirklich viel. Jede Menge Spaß, noch viel mehr tolle Musik, und eine erheblich verbesserte Organisation. Ich bin beeindruckt – und überlege sogar 2010 die 5 vollzumachen. we’ll see 😉

Danke fürs Lesen bis hierher – wurde leider mal wieder viel zu lang.. und es hätte noch sooviel zu erzählen gegeben… so sei es drum 😉 (Vielleicht werde ich noch einige Bilder hinzufügen…noch nich weiter zugekommen, Cheers!)

Das Wetter hatte ja auch seine schönen Seiten
Das Wetter hatte ja auch seine schönen Seiten

2 Gedanken zu “Melt! 2009 – Das Review

  1. qnm

    he. den satz mit dem alter hab ich mal überlesen 😉 aber das wochenende hat mir auch restlos alles abverlangt. und dienstags mit knapp 13std schlaf am stück quittiert..
    whitest boy alive warn echt großartig. dafür hab ich klaxons und röyksopp dank unsrer über 7stündigen(!) anfahrt verpasst.
    schade dass der freitag dann so ins wasser gefallen is.. vom lineup wärs mein persönliches highlight geworden. aber die tour durch den strömenden regen, nach der ich sogar meine boxershorts auswrigen konnte hatte auch irgendwie was 😉
    vielleicht klappts ja nächstes mal mitm bierchen. wenns lineup wieder so bombig wird bin ich auf jeden fall dabei!

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