Der neue Tarantino: Inglourious Basterds

Da ist er also nun, der Neue von „Kult“-Regisseur Quentin Tarantino, ein bisschen Kriegsdrama, aber vor allem fast ein moderner Western, der 1941 spielt: Inglourious Basterds!

Und darum geht es: Frankreich im 2. Weltkrieg. Die Familie von Shosanna Dreyfuss (Mélanie Laurent) wird vor ihren Augen von SS-Oberst Hans Landa (Christoph Waltz) brutal ermordet. Sie kann entkommen und flieht nach Paris. Etwa zur gleichen Zeit stellt Lieutenant Aldo Raine (Brad Pitt) eine Truppe von Soldaten zusammen, deren einzige Aufgabe es ist, möglichst viele Nazis möglichst brutal umzubringen. Ihr Weg führt sie schließlich bis nach Paris in Shosannas kleines Kino, in dem die gesammelte NS-Führung eine Filmpremiere feiert.

hlz_InglouriousBasterds_poster_20Aufgeteilt in 5 Kapitel gibt es quasi nur 5 Szenen im Film: Das diese dann doch schlußendlich 154 Minuten lang sind und kein Bruchteil davon langweilig ist, ist wohl geradeheaus ein Verdienst von Tarantino, der es wie kein anderer versteht, Dialoge, Charaktere und Szenen zu präsentieren. Schon die Eröffnungssequenz (Kapitel1), welche dem Zuschauer vor allem Oberst Landa näher bringt, ist brilliant. Sowohl technisch, als hier vor allem schauspielerisch – und obendrauf eine gelungene Musikuntermalung, als Shosannas Familie erschossen wird. Kapitel 2 zeigt schließlich die „Basterds“ – Brad Pitt in Hochform mit seiner jetzt schon kultigen Ansprache vor der Truppe – und schließlich schon in Frankreich mit dem „Bärenjuden“ (amüsant gespielt von Eli Roth, Regisseur von „Cabin Fever“ und „Hostel“) und dem vielleicht blutigsten Moment des Filmes. In Kapitel 3 verliebt sich der deutsche Kriegsheld Fredrick Zoller (Daniel Brühl) in Shosanna und er überredet Joseph Goebbels die Filmpremiere von „Stolz der Nation“ (dem Film-im-Film, gedreht übrigens von Eli Roth) in ihrem Kino zu feiern – während Shosanna ihrerseits natürlich auf Rache sinnt. Im nächsten Kapitel ist es vor allem eine Barszene: Ein britischer Agent (Michael Fassbender) und 2 weitere deutschstämmige „Basterds“ (Gedeon Burkhardt und Til Schweiger) sollen sich mit einer bekannten deutschen Schauspielerin (Diane Krüger) treffen, welche für die die Briten arbeitet, um gemeinsam mit ihr  auf die Premierenfeier zu gelangen. Kapitel 5 ist das brisante und fulminate Finale in Shosannas kleinem Kino…

Man könnte jetzt vermuten, dass durch diese 5 Szenen kein gängiger Fluss in den Film kommt: Das Gegenteil ist aber der Fall: Weil die Dialoge so messerscharf sind, die Darsteller (fast) alle brilliant sind und die Inszenierung perfekt gelungen ist, ist der Film niemals langweilig und die Zeit vergeht wie im Flug.  Aber „Basterds“ ist kein Kriegsfilm im herkömmlichen Sinne – das wäre Tarantino selbst wohl viel zu langweilig. Die Actionteile des Filmes sind beeindruckend – und wunderbar brutal – aber gemessen an der Spiellänge nur Nebensache: Wichtigstes Element im Film ist ganz klar der Dialog, die Gespräche zwischen den Protagonisten und die Spannung, die daraus entsteht. Diese sind vor allem in Kapitel 1, 2 und 5 meisterlich. Lediglich aus den mittleren Kapiteln hätte man vielleicht (!) noch mehr herausholen können. Die größte Schwachstelle ist – und das überrascht dann doch: Diane Krüger. Hölzern und mit schlechtem Deutsch agiert sie zwischen den anderen Darstellern und irgendwie wirkt sie wie ein Fremdkörper. (Ich mochte sie noch nie so richtig, aber das hier war leider zuviel des Schlechten!)

Auf der anderen Seite haben wir grandiose Einzelleistungen, die den Film so besonders machen: Brad Pitt als Aldo Rain ist schon jetzt aufgenommen in die Sammlung der „legendären Filmfiguren“ (Pitt scheint dafür ein Faible zu haben: „Snatch“, „Seven“, „Button“, Fight Club“…). Er spielt den coolen Anführer der Basterds mit einer solchen Lässigkeit und einem solchen herrlich breiten amerikanisch, dass es eine helle Freude ist zuzuschauen, insbesondere beim schmierigen „arrivederci“ im Kino. Aber einen gibt es, der Brad Pitt förmlich an die Wand spielt: Christoph Waltz. Eine unglaubliche schauspielerische Leistung, die verdientermaßen den Darsteller-Preis in Cannes gewann und schon jetzt als Oscar-Kandidat gilt. Völlig zu Recht: Wie Waltz hier in 4 (!) Sprachen agiert und dabei seine Rolle fast schon an die Grenze des Unbehaglichen bringt, ist gänsehautverdächtig. Auch der Rest des Ensembles ist stark besetzt: Von der wundervollen Mélanie Laurent über Daniel Brühl bin hin zu Gedeon Burkhardt spielen auch alle Nebendarsteller ihre Rollen großartig. Sogar Til Schweiger (das ich das mal sage!) ist super (Grimmig gucken kann er ja) und hat im 2. Kapitel einen herrlich witzigen Auftritt. Besonders gut gefallen hat mir auch August Diehl als  schleimiger Nazispürhund.

Neben den Schauspielern und der kompletten Inszenierung ist es natürlich der typische Tarantino-Humor, der hier gefällt – unglaublich wie Tarantino es schafft, aus ernsten Themen die größten Lacher rauszuholen. Dieser Humor trägt den Film natürlich bis zum Ende. Dazu ist es vor allem die genreübergreifende Filmidee in Form eines Western mit dem alles entscheidenden Showdown am Ende, die mich hier begeistern lässt. Um es mit Aldo Rains bemerkenswerten Schlussworten zu sagen: „i think this is my masterpiece…!“. Vielleicht ist es tatsächlich Tarantinos Meisterstück, es rückt in jedem Falle stark an meinen bisherigen (Tarantino-)Lieblingsfilm Kill Bill vol.2 heran. Fast hätte ich volle Punkte gegeben, ich ziehe minimal ab für Schwächen im 3. und 4. Kapitel und Diane Krüger.

Daher gibts hier von mir 9 von 10 Naziskalps. Ein Muss für alle Kinofans!

PS: Ganz wichtig: Unbedingt im Original schauen! Allein für die sprachlichen Wechsel von Waltz lohnt sich das! Im Grunde genommen ist der Film mit seinem riesen Deutsch-Anteil plus den französichen und italienischen Gesprächen gar nicht zu synchronisieren! Es gibt einige Kinos, die ihn als OmU anbieten, und das sollte man auf jeden Fall der deutschen Fassung vorziehen!

3 Gedanken zu “Der neue Tarantino: Inglourious Basterds

  1. Eisbär

    Gesten Abend durfte ich die Bastarde dann auch im Kino sehen. Und Wow… noch immer geflasht. Scheiße, das war wirklich sau gut! Wie du schon geschrieben hast hat Christoph Waltz super, ich hab Tränen gelacht. Und auch zu Till Schweiger kann ich nur positives berichten, er kann also auch ernst (denke gerad an Keinohrhase, Wo ist Fred?…).

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