James Camerons „Avatar“ – in 3D

Was soll man über einen Film schreiben, über den schon wirklich alles geschrieben wurde?

Man könnte aufzeigen, warum Avatar das Kino verändert.  Man könnte zeigen, wie besessen Cameron von den Details ist. Man könnte von berauschender Technikdemonstration und inhaltlicher Schwäche berichten. Man könnte auch vom Superlativ als Stilprinzip sprechen. Oder man schreibt über Indianer & Häuptlinge mit Pfeil und Bogen. Natürlich könnte man auch lobend erwähnen, dass der Film die Antwort auf die Frage gibt, ob es noch etwas gibt, wofür man ins Kino gehen muss.

Aber alles ist schon geschrieben, über diesen – wieder einmal – teuersten Film aller Zeiten. Manche sprechen von 250 Millionen Dollar, manche von 500 Millionen. Letztlich ist es auch völlig egal, denn „Avatar“ knackte schon nach dem letztem Wochenende die Milliarden-Dollar-Grenze der Einnahmen – und liegt damit schon nach Beginn auf Platz 4 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. (Nach oben ist alles offen, selbst Titanic scheint hier nicht uneinholbar zu sein…)

Die Frage, die nach all diesen Kritiken und Erfolgen noch offen bleibt, ist doch: Wie hat „Avatar“ dem hulza gefallen?

Nun ja, auch ich könnte sicherlich Romane schreiben: Immerhin geht dieses Epos 160 Minuten, und davon ist zumindest keine Minute langweilig. Dass dies aber nicht einer tollen Story geschuldet ist, konnte auch mal im Vorfeld schon genügend lesen, und dem ist auch so: 160 Minuten lang passiert eigentlich nichts, was man nicht irgendwo anders her kennen würde, und nicht schon lange vor der eigentlichen Handlung erahnen würde. Der Plot ist bis auf einige wenige kulturelle Anspielungen (Ökologie, Vietnam, Rohstoffsuche, Kapitalismus etc.)  wirklich lahm und kaum der Rede wert. Die Charaktere sind wenig ausgereift: Zum einen bleiben den Protagonisten wenig Handlungsspielräume, zum anderen gibt es für den Zuschauer kaum bis keine Informationen über die Vergangenheit der „Helden“ (Warum ist der Held an einen Rollstihl gefesselt?). Zudem nervt der Film quasi 2 Stunden mit leider eindeutig zuviel Esoterik: Hier übertreibt Cameron etwas -und das auch völlig ohne Grund.

Was also genau macht „Avatar“ so besonders, dass Filmkritiker und Zuschauer in aller Welt begeistern lässt?

Das lässt sich ziemlich genau auf einen Nenner bringen: die Technik. Cameron, das wissen wir spätestens seit Titanic, gibt sich nie mit „Besonders“ zufrieden, es muss immer direkt eine komplette neue Technik sein, ein neuer Meilenstein, eine kleine Revolution auf der Leinwand.

Und nichts anderes sind die Bilder, die wir hier auf der Leinwand sehen, bewundern – ja, erleben – dürfen. Da wächst ein ganzer Planet auf dem Computer, und die Wirkung auf der Leinwand ist phänomenal. Da gibt es fliegende Felslandschaften, phantastische Tierarten und einen verzauberten Dschungel, komplett mit schwebenden Leuchtlebewesen und fluoreszierendem Moos. Die Sequenzen des Filmes sind einfach eine optische Wucht, besonders die Einstiegszene und die Kampfeshandlungen am Ende beeindrucken über alle Maßen. Auch die Na’vi, das Ureinwohnervolk gefällt sowohl von der Mimik her, als auch von ihrer Beweglichkeit: das ist perfekte „Performance Capture“, so wie man sie bisher noch nicht gesehen hat. Von dieser optischen Wucht bin ich noch immer geflasht.

Ich war übrigens hier zum allerersten mal im Kino mit der doch relativ neuen „real3D“-Technik, und gerade das machte die 160 Minuten „Avatar“ zu einem besonderen Erlebnis. Wenn man am Ende total gefangen ist in der Bilderwucht um Pandora, dann ist der Film schon längst erhaben über alle inhaltlichen Schwächen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese 3D-Technik uns bald öfter begleiten wird: Es macht einfach richtig viel Spaß, und an die lästige Brille gewöhnt man sich relativ schnell.

Aufgrund seiner optischen bahnbrechenden Art empfehle ich diesen Film absolut im Kino zu schauen. Es ist vielleicht nicht das Meisterwerk, welches sich viele erhofft hatten, aber 8 von 10 USB-Zöpfen gibts in jedem Falle. (Die 2 Punkte Abzug müssen einfach für den schwachen Inhalt sein!)

PS: Wer meint, sich dieses 3D-Spektakel in einer heruntergeladenen Version am Home-Bildschirm oder auch auf einer DVD anschauen zu wollen, den kann ich leider nur auslachen. Für solche Filme wird Kino gemacht, um mal ganz plump die Kinowerbung zu zitieren. 3D-Kino in der Nähe suchen, Karten holen, reingehen und genießen!

5 Gedanken zu “James Camerons „Avatar“ – in 3D

  1. kinderkaffee

    Avatar – dümmlicher „Pocahontas“ für 3-D Fetischisten

    Avatar – seichter „Pocahontas“ für 3-D Fetischisten

    Avatar ist ein pervertierter Superlativ. „Das Teuerste“, „das Größte“, „das Neuste“ Schmierentheater! Denn wo offenbar mit der visuellen Ästhetik geprotzt wurde, hat man am Drehbuch/Inhalt mächtig gespart. Seicht-dröge Action- Liebesgeschichte im Alien-Gewand, zwischen Pocahontas und banal.

    Da fragt man sich nur, warum müssen moderne Blockbuster eigentlich immer so unsäglich dümmlich sein. In Zukunft – schlage ich vor – die Dialoge zu behalten und beim nächsten Filmvorhaben, marginal verändert, wieder zu verwenden. Wahlweise in ein amerikanisches Romeo-und-Julia-Ghetto gepackt oder in ein Historienepos versetzt. Da spart man sich das lästige „Rumgeschreibe“ und kann gleich mit dem Animieren beginnen. Da kann groß „VOM MACHER VON TITANIC“ und „MIT DER GESCHICHTE UND DEN DIALOGEN AUS AVATAR“ geworben werden.

  2. hulza

    Meines Erachtens gehst du mit deiner Meinung zu weit.
    Zum einen bin ich überhaupt kein 3D-Fetischist (es war mein 1. 3D-Besuch), zum anderen ist deine Kritik auf äußerst schwachem Boden gebaut: Avatar will doch überhaupt kein kluges Kino sein, kein inhaltsschweres Dialog- und Programmkino. Dafür gibts doch genügend andere Filme und die hervorragenden (von mir immer wieder gerne besuchten) lokalen Programmkinos.
    James Cameron bedient sich doch absichtlich bei früheren Werken wie Pocahontas und kulturellen Anspielungen aus aller Welt, um damit ein breites Publikum anzusprechen und viel Erfolg zu haben. Aber das zu kritisieren wirkt in einer Profitgesellschaft schon etwas zu veraltet.

    Deine Aussagen bezüglich Drehbuch und Inhalt sind letztlich einfach zu pauschal, und – wie ich ziemlich direkt im Blog betont habe – auch schon überall sonst geschrieben worden. Selbst die aller größten Cameron-Verehrer haben hier die inhaltlichen Schwächen nicht außen vor gelassen… Ein Blockbuster kann nur (!) über eine solche Überzeichnung von Charakteren und Orten funktionieren, sonst kann eine Geschichte nicht in 2 Stunden erzählt werden (und das war schon immer so: egal ob Star wars oder Stirb Langsam, egal ob Matrix oder Fluch der Karibik).

    Avatar will letztlich nur visuell beeindrucken. Und das tut es – sogar mich, den relativ abgeneigten Blockbusterschauer.

  3. Schwaches Argument!

    Wieso aber muss es immer ein entweder oder sein. Geht es nicht einen Blockbuster zu machen mit einem starken Inhalt?

    Das ist doch irgendwie traurig, dass man glaubt nicht mit Inhalt und Effekten beeindrucken zu können?

    Gruß Kaffee

  4. hulza

    Ich finde DEIN Argument schwach, sorry. Einen Blockbuster MACHT man ja nicht, manche Filme werden Blockbuster, manche nicht. (Blockbuster sind ja nichts anderes als kommerziell sehr erfolgreiche Filme.) Wenn sich die Menschen nun mal von „Avatar“ mehr begeistern lassen als von parallel laufenden Indieproduktionen… Nun, dann ist das so.

    Es gibt doch wirklich sehr viele tolle Filme mit beeindruckendem Inhalt (heute morgen habe ich noch „Gran Torino“ gesehen, wunderbarer Film). Sei doch froh, dass es beide Seiten gibt. Und das Filme wie „Gran Torino“ keine Kassenknüller („Blockbuster“) werden, ist nun ganz sicher nicht die Schuld der Produzenten, sondern nur unsere eigene.

    Auf hoffentlich viele tolle, inhaltlich sehenswerte Filme in der Award-Season. Cheers!

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